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Studium ohne Numerus Clausus - so geht's
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Der Numerus Clausus ist ein Verfahren zur Beschränkung der Zulassung im Rahmen der nachfrageintensivsten Studiengänge. Da der Numerus Clausus für Bewerber eine Hürde darstellt, suchen viele nach Alternativen. Es gibt in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein breites Spektrum an Studiengängen, die anderen Zulassungsverfahren unterliegen oder sogar zulassungsfrei sind.
Der Numerus Clausus hat sich für Hochschulen als eine erfolgreiche Methode erwiesen, um die Zulassung zu nachfrageintensiven Studiengängen zu beschränken. Der Numerus Clausus kann eine große Barriere zwischen Studieninteressierten und deren gewünschter Studienrichtung darstellen. Die gute Nachricht ist aber, dass es zahlreiche Hohschulen gibt, die zulassungsfreie Studiengänge anbieten. Zu beachten ist allerdings, dass solche zulassungfreien Studiengänge nicht unbedingt einfacher sind; sie können mitunter sogar schwieriger sein. Nicht umsonst sind die Abbrecherquoten in Studiengängen wie Chemie oder Mathematik relativ hoch. Gleichwohl steht ohne Zulassungsbeschränkung der Einschreibung an einer Hochschule praktisch nichts mehr im Wege. Der vorliegende Artikel verschafft einen allgemeinen Überblick über zulassungsfreie Studienmöglichkeiten in Deutschland, der Schweiz und in Österreich.
Was ist ein Numerus Clausus und was legt er fest?
Bei dem Numerus Clausus (wörtlich: “beschränkte Anzahl”) handelt es sich um ein an Hochschulen übliches Verfahren, um die Anzahl der Personen, die sich für ein Studium bewerben, zu begrenzen. Um Studierende angemessen ausbilden zu können, verfügen Hochschulen über bestimmte Kapazitäten an Lehrpersonal, Einrichtungen, Studierenden und finanziellen Mitteln. Der Numerus Clausus findet in jenen Ländern und Hochschulen Verwendung, in denen die Anzahl an Studienbewerbern deutlich die Anzahl an verfügbaren Studienplätzen überschreitet, was in der Regel in den gefragtesten und attraktivsten Studienbereichen der Fall ist. Einige Beispiele hierfür sind Medizin, Zahmedizin, Pharmazie, Biologie, Jura und Psychologie.
Der Numerus Clausus ist ein Wert, der die Note des letzten zugelassenen Bewerbers ausdrückt. Er wird jedes Semester neu ermittelt und herausgegeben. Je niedriger er ist, desto selektiver ist das Auswahlverfahren. Zum Beispiel beträgt der Numerus Clausus für das Zahnmedizinstudium in Baden-Württemberg für das Jahr 2018 1,2, was bedeutet, dass die letzte zugelassene Person eine Note von 1,2 aufwies. Bei der Note handelt es sich in der Regel um die Durchschnittsnote im Abitur. Der NC-Wert schwankt nicht stark von Jahr zu Jahr. Die auf der Abiturleistung beruhenden Werte sind daher grundsätzlich vorhersehbar.
Jedoch berücksichtigen manche Hochschulen nicht nur die Abiturnote, sondern ebenfalls die Noten einzelner Fächer sowie ferner Motivationsschreiben, Auswahlgespräche und Tests. Manchmal haben diese Kriterien einen sogar größeren Einfluss.
Welche Vor- und Nachteile sind mit dem Numerus Clausus verbunden?
Selbstverständlich gibt es nicht nur Befürworter des NC-Verfahrens. Zwar handelt es sich um eine schnelle und zuverlässige Methode der Zulassungsbeschränkung, sofern der Numerus Clausus den Grad an Entschlossenheit ausdrückt, den Pesonen während ihres Abiturs an den Tag gelegt haben, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Dennoch ist es schwierig, die besten Bewerber alleine anhand des Numerus Clausus zu selektieren. Denn eine Note sagt weder etwas über die individuellen Qualitäten noch über das komplette Ausmaß der Kenntnisse und Fähigkeiten einer Person aus. Mehr Bedeutung sollte der Studienmotivation und dem Willen zur Weiterentwicklung beigemessen werden. Aus diesem Grund sind fast die Hälfte aller Bachelorstudiengänge in Deutschland zulassungsfrei; Abiturnoten spielen eine bedeutend geringere Rolle als Motivation und Leistungsbereitschaft.
Der Numerus Clausus in Deutschland
Dei Zulassung zu einem Hochschulstudium in Deutschland kann jeweils einem der drei nachstehenden Verfahren unterliegen:
1. Örtliche Beschränkungen, wobei sich der Numerus Clausus von Hochschule zu Hochschule bzw. von Fach zu Fach unterscheidet. So kann es unterschiedliche NCs für verschiedene Studiengänge derselben Hochschule geben. Das Psychologiestudium an der RWTH Aachen unterliegt beispielsweise für das Jahr 2018/2019 einem NC von 1.3, während der NC für das Architekturstudium 2,1 beträgt. Das am meisten herangezogene Kriterium ist die Abiturnote, aber auch Auswahlgespräche, Aufnahmetests, Noten in einzelnen Fächern, Essays und Praxiserfahrung können Kriterien sein, die dazu verhelfen, die Zulassungschancen um einen kleinen Prozentsatz zu erhöhen. Allerdings sind diese Kriterien nicht allgemeingültig.
2. Bei nationalen Beschränkungen gelten die gleichen Beschränkungen für ein Fach im gesamten Bundesgebiet. Davon betroffen sind Fächer, die im ganzen Land überzeichnet sind, wie zum Beispiel Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin, Jura, Psychologie, Pharmazie und Biologie. In diesem Beschränkungsverfahren finden Quoten Berüksichtigung:
- 20 Prozent der verfügbaren Plätze werden gemäß der Durchschnittsnote im Abitur vergeben;
- Weitere 20 Prozent der Plätze werden nach einer sogenannten “Wartezeit” vergeben. Bei der Wartezeit ist die Note irrelevant; was zählt, ist die Anzahl der Wartesemester. Wer zum Beispiel bereits sechs Semester gewartet hat, verfügt über höhere Zulassungschancen als jemand, der erst ein Wartesemester vorweisen kann. Abgeschlossene Berufsausbildungen oder Auslandssemester gelten ebenfalls als Wartesemester;
- 60 Prozent der Plätze werden nach hochschulspezifischen Kriterien vergeben. Hierzu gehören unter anderem die Abschlussnote im Abitur sowie Aufnahmeprüfungen, Motivationsschreiben und Auswahlgespräche;
- In Ausnahmefällen gibt es zusätzliche Plätze, die Personen vorbehalten sind, für welche die genannten Quoten nicht gelten. Gemeint sind beispielsweise Härtefälle, in denen gewisse Umstände (zum Beispiel Krankheit) vorliegen, die es einem Bewerber unmöglich machen, auf Vergabe eines Studienplatzes zu warten.
3. Zulassungsfreies Studium – jeder, der die allgemeinen Zugangsvoraussetzungen der Hochschule erfüllt, wird zum Studium zugelassen.
In Deutschland gilt der Numerus Clausus als Selektionsgrenze nur in manchen Studiengängen bzw. Hochschulen. Es besteht eine Vielzahl an NC-freien Studiengängen.
NC-freie Immatrikulation in Deutschland
Bei einer Reihe von Studiengängen in Deutschland ist das Abitur unabhängig von der Durchschnittsnote ausreichend. Bewerber können sich für diese Studiengänge immatrikulieren, ohne sich über einen Numerus Clausus Gedanken machen zu müssen. Ein weiterer Vorteil besteht dabei darin, dass sich die Studieninteressierten erst kurz vor Studienbeginn bewerben können. Derartige Studiengänge sind jedoch nicht unbedingt einfacher oder weniger prestigeträchtig als zulassungsbeschränkte Studiengänge. Zulassungsfrei bedeutet lediglich, dass die Hochschule ausreichend Studienplätze zur Verfügung hat.
Für zulassungsfreie, d. h. nicht national beschränkte Studiengänge in Deutschland lassen sich einige Beispiele nennen: Mathematik, Informatik, Philosophie, Betriebswirtschaftslehre, Chemie, Physik, Musik, Kunst, Architektur, Geschichte, Finanzwesen, Medien und Kommunikation, Ingenieurwesen, Sprachwissenschaften, Geographie, Logistik und noch viele mehr. Alleine in Deutschland gibt es derzeit mehr als 5000 NC-freie Studiengänge.
Wie bereits erwähnt, kann es allerdings vorkommen, dass selbst für zulassungsfreie Studiengänge gewisse Kriterien erfüllt sein müssen, wie beispielsweise Sprachfähigkeiten oder Berufserfahrung. Hierbei sind die Anforderungen aber deutlich. geringer.
Numerus Clausus in der Schweiz
In der Schweiz findet der Numerus Clausus Verwendung, um die Zulassung zum Medizinstudium zu beschränken. Die Aufnahmekapazitäten an Hochschulen in der Schweiz werden jedes Jahr neu ermittelt. Der Numerus Clausus findet Anwendung, sobald die Anzahl an Bewerbungen 120 % der verfügbaren Plätze übersteigt. Zudem kann es je nach Hochschule vorkommen, dass die Bewerber einen Eignungstest abolvieren müssen.
Auf ähnliche Weise erfolgt die Auswahl von Bewerbern für ein Studium der Sportwissenschaften. Wenn die Zulassungsgrenze an der Universität Basel überschritten ist, müssen die Bewerber eine praktische Sportprüfung bestehen. An der Universität Bern besteht der Eingangstest aus einem theoretisch-kognitiven und einem praktischen Teil. Die Universität Freiburg verlangt neben einer praktischen Prüfung eine ärztliche Gesundheitsbescheinigung. Eignungstests erfolgen ebenfalls an den Universitäten in Genf, Lausanne und Neuchatel.
Von einem zulassungsfreien Studium in der Schweiz profitieren
Wie bereits erwähnt, dient der Numerus Clausus in der Schweiz dazu, die Anzahl an Studierenden im Bereich Medizin zu begrenzen. Im westlichen Teil des Landes ist für das erste Jahr die Zulassung zum Studium jedoch unbegrenzt. Danach haben nur die besten Studierenden die Möglichkeit, ihr Studium fortzuführen. In anderen Studienbereichen, wie etwa Kunst, Gesundheit, Sport und Soziales, sind hochschulspezifische Eignungstests obligatorisch.
Bei manchen Studiengängen gibt es keinen Numerus Clausus bzw. keine Aufnahmeprüfung. Da sie sich von Hochschule zu Hochschule unterscheiden, ist es ratsam, sich im Voraus über sie zu informieren. Ein prüfungsfreier Zugang wird in der Regel Bewerbern mit einem guten Bildungshintergrund angeboten. Viele Hochschulen bieten direkten Zugang zu sämtlichen Studienbereichen, mit Ausnahme der Medizin. Analog zum deutschen System ist manchmal Berufserfahrung Voraussetzung. Studieninteressierte aus dem Ausland sollten sich darüber erkundigen, ob ihre Qualifikationen anerkannt sind sowie darüber hinaus ein Sprachzeugnis vorlegen.
Zu den generellen Vorteilen eines Studiums in der Schweiz zählen niedrige Studiengebühren, eine malerische Lage, die deutsche Sprache und international anerkannte Abschlüsse.
Zulassungsfreies Studium in Österreich
Österreich ist der optimale Ort für deutsche Studieninteressierte, die versuchen, dem Numerus Clausus zu entgehen. Das Nachbarland bietet deutschsprachige Studiengänge ohne Zulassungsbeschränkung. Um Studienbewerber bei stark umworbenen Studiengängen zu selektieren, gibt es Eingangsprüfungen und Quoten, besonders für das Medizinstudium – zwei Drittel der Studienplätze sind österreichischen Bürgerinnen und Bürgern vorbehalten, 20 Prozent werden an EU-Bürger vergeben und fünf Prozent an Nicht-EU-Bürger. Außerdem werden zu bestimmten Fächern (zum Beispiel Biologie) Prüfungen und Sprachtests durchgeführt. Die Abiturnote spielt auch hier keine Rolle, was einer der Gründe ist, weshalb viele sich für Österreich entscheiden.
Andere Studienbereiche sind nicht derart begrenzt, viele unterliegen nicht einmal der österreichsichen Quotenregelung. So wurde beispielsweise im Jahre 2015 die Hälfte aller Studienplätze in Psychologie an Deutsche vergeben. Darüber hinaus gibt es an staatlichen Universitäten keine Studiengebühren – eine weitere Grund, der Österreich zu einem äußerst attraktiven Studienort macht.
Nachteile gibt es allerdings auch. Der Zustrom an deutschen Studierenden hat zu einer etwas negativen Einstellung seitens der österreichischen Bevölkerung geführt. Manche finden es unfair, dass Deutsche ihr Studium in Österreich abschließen, um dann unmittelbar in ihr Heimatland zurückkehren, da sie auf diese Weise Österreichen Plätze wegnehmen.
Darüber hinaus gelten Prüfungen nach dem ersten Jahr als sehr schweirig und als Mittel, um “schwächere” Studierende auszusortieren. Nichtsdestoweniger bleibt auch Österreich ein besonders ansprechender Studienort mit hohen Bildungsstandards und einem beträchtlich einfacheren Bewerbungsverfahren.